"Das ganze Leben". Netzwerktreffen des Projekts "MenschenLeben" der Österreichischen Mediathek
Unter dem Titel „Das ganze Leben“ stellt das Treffen am 22. und 23.Mai 2025 den gesamtbiografischen Ansatz in den Mittelpunkt. Eine zentrale Prämisse vieler Oral History-Sammlungen besteht darin, die ganze Lebensgeschichte eines Menschen zu dokumentieren. In der Praxis geht diese gesamtbiografische Dimension jedoch häufig verloren und der Blick richtet sich fast ausschließlich auf einzelne, an konkrete Forschungsfragen gebundene lebensgeschichtliche Teilaspekte. Ein großer Teil der Beiträge sowie ein eigenes Panel setzen sich mit den An- und Herausforderungen des gesamtbiografischen Ansatzes auseinander. Weitere Themen des Treffens sind die Verwendung von mündlichen Quellen im Museum und die Analyse von Interviews mit spezifischen Personengruppen.
Am 22. Mai wird Melanie Grubner, die seit fünf Jahren lebensgeschichtliche Interviews für das Projekt MenschenLeben der Österr. Mediathek in Kooperation mit dem Verein MERKwürdig - Zeithistorisches Zentrum Melk führt, im Panel „Gesamtbiografischer Ansatz“ die zentralen Ergebnisse ihrer kürzlich abgeschlossenen Masterarbeit, in der sie mit selbst geführten, lebensgeschichtlichen MenschenLeben-Interviews gearbeitet hat, vorstellen. Unter dem Titel „Ich hob g’sogt: Des muss i moch‘n!“ – Analyse von Bildungsmomenten im „vorgezeichneten Lebensweg“ in lebensgeschichtlichen Erzählungen von Menschen der Arbeiter*innen- und Bäuer*innenklasse stellt Grubner ihr Thema, ihre Forschungszugänge und empirische Beispiele aus ihrer Forschung vor. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wo in lebensgeschichtlichen Erzählungen von Arbeiter*innen und Bäuer*innen, die heute rund 90 Jahre alt sind, Bildungsmomente hinsichtlich eines eigenen Lebensentwurfs aufzuspüren sind. Darunter wird verstanden, dass Individuen entgegen gesellschaftlichen Anrufungen und familiären Erwartungen einen Anspruch auf ein Stück eigenes Leben stellen. Grubner stellt dar, dass sich Bildungsmomente unter anderem auch im Kultivieren der Fähigkeit von Empathie und Mitgefühl finden lassen. Denn der Anspruch auf ein Stück eigenes Leben kann auch da gestellt werden, wo sich der eigene Ausdruck in Verbindung mit der Orientierung an Gemeinschaft und Beziehungen zu anderen findet. So gefasst, erschöpft sich der Anspruch auf das Stück eigene Leben nicht in individueller Selbstverwirklichung, sondern wirkt als transformatorische Kraft tief in gesellschaftliche Verhältnisse hinein.
Anmeldungen bis zum 20. April 2025: menschenleben@mediathek.at
Kurzbiographie: Melanie Grubner studierte Bildungswissenschaft im Bachelor an der Universität Wien und schließt aktuell ihren Master im selben Fach mit dem Schwerpunkt 'Bildung, Beratung und Entwicklung über die Lebensalter' ab. Sie arbeitet als Gedenkstättenpädagogin für die KZ- Gedenkstätte Melk und führt seit fünf Jahren lebensgeschichtliche Interviews mit Zeitzeug*innen des Zweiten Weltkriegs für die Sammlung MenschenLeben der Österreichischen Mediathek. Ihre Forschungsinteressen umfassen kritische, gesellschaftsanalytische Zugänge, soziale Ungleichheit und pädagogische Biographieforschung.