Persenbeug: "Steine der Erinnerung"

Hochzeitsfoto Maria und Ludwig Arnold. Foto: Privat - Lewin Azoulay Family

Die Geschichte der Persenbeuger Bürger*innen jüdischer Herkunft, ihre Enteignung, Vertreibung und Vernichtung sind in der Marktgemeinde heute fast vollständig in Vergessenheit geraten.

Im Herbst 2023 wurde an den Verein MERKwürdig – Zeithistorisches Zentrum Melk von der Marktgemeinde Persenbeug-Gottsdorf das Ansinnen herangetragen, im Gedenken an die in der NS-Zeit vertriebenen und ermordeten Bürger*innen der Marktgemeinde ein Zeichen der Erinnerung zu setzen.

Wir haben diese Anregung gerne aufgenommen und in weiterer Folge umfangreiche historische Recherchen zur früheren jüdischen Bevölkerung der Marktgemeinde durchgeführt.
Die Familie Rind wohnte seit den 1890er-Jahren in Persenbeug, wo sie einen kleinen Gemischtwarenhandel besaß und ein Wohnhaus erwarb. 1936 zog auch die jüdische Familie Arnold nach Persenbeug, sie besaßen ebenfalls ein kleines Geschäft. Nach der „Arisierung“ der Gebäude der beiden Familien 1938/39 und ihrer Vertreibung kehrte kein Familienmitglied wieder nach Persenbeug zurück. Ludwig Arnold, der nach seiner Auswanderung in Shanghai überleben konnte, verbrachte den Rest seines Lebens in Wien. Er hatte die Geburt seines Sohnes Rudolf 1938 nicht mehr miterleben können und diesen nie kennengelernt. Seine Frau Maria und ihr vierjähriger Sohn wurden nach der zwangsweisen Vertreibung in eine Wiener Sammelwohnung im Jahr 1942 nach Belarus deportiert und in Maly Trostinec ermordet. Ähnliche Schicksale ereilten Julie Rind und ihre Töchter Elsa, Rosa und Helene. Lediglich drei Rind-Brüder überlebten – Max in den USA, Edmund und Wilhelm in Shanghai und später in Israel. Auch Edmund und Wilhelm Rind kehrten schließlich nach Österreich zurück und lebten in Wien.

Im Zuge der historischen Recherchen wurden wir auf weitere Personen aus Persenbeug aufmerksam, die durch die Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden – Opfer der sogenannten „Euthanasie“, der systematischen Ermordung von Menschen mit "geistiger" Behinderung, also Lernschwierigkeiten und/oder körperlichen Behinderungen. Elfriede Knasmüller lebte mit ihrem Mann Alois beim Schloss Persenbeug, Alois arbeitete als Rentmeister für die Habsburger. 1932 wurde Elfriede Knasmüller aus unbekannten Gründen in die Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling eingewiesen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde sie in die „Euthanasie“-Anstalt Schloss Hartheim gebracht und dort in der Gaskammer ermordet. Anna Hacker und der 13-jährige Karl Ess wurden in den Anstalten Mauer-Öhling und Am Steinhof getötet.

Heute ist die Erinnerung an diese Persenbeuger*innen in der Region nicht mehr vorhanden, ihre Namen sind großteils vergessen. Vergessen ist auch, dass sie alle über Jahrzehnte Teil der Persenbeuger Bürger*innenschaft waren und von den Schergen des NS-Regimes marginalisiert, enteignet, vertrieben und ermordet wurden. Ziel dieses Projekts ist es, die Namen und Schicksale dieser Menschen wieder in die lokale und regionale Erinnerung zu bringen und auch die gewaltvollen Umstände ihrer Vertrebung und Ermordung dauerhaft wachzuhalten. Dafür wird auch ein Vermittlungsprojekt gemeinsam mit Schüler:innen aus der Region umgesetzt.  Zum Zweck ein dauerhaftes Gedenken zu bewahren werden in der Marktgemeinde Persenbeug-Gottsdorf am 12. November 2024 ab 17 Uhr mehrere „Steine der Erinnerung“ gesetzt.

Details zu Ort und Ablauf folgen in Kürze.

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