Erfolgreiche Kooperation: Vermittlungsarbeit mit Melker Grundwehrdienern
Anlässlich der jüngsten Diskussionen rund um die geplante und nun abgesagte Angelobungsfeier von Rekruten des österreichischen Bundesheeres auf dem Appellplatz des ehemaligen KZ Mauthausen (siehe auch die Stellungnahme der KZ-Gedenkstätte Mauthausen) wollen wir an dieser Stelle aus unserer täglichen Vermittlungspraxis heraus auf einen anderen möglichen Zugang verweisen, der in Melk seit einigen Jahren gelebt wird:
Spezielles Konzept entwickelt
Seit dem Jahr 2018 (der ORF berichtete ausführlich) finden in Melk in enger Kooperation zwischen dem Verein MERKwürdig - Zeithistorisches Zentrum Melk und der Birago-Pionierkaserne regelmäßig Vermittlungsworkshops- und Rundgänge für Grundwehrdiener statt. Auf Basis eines eigens entwickelten Vermittlungskonzepts werden die Grundwehrdiener mit der Geschichte des Melker Außenlagers vertraut gemacht, das sich zwischen April 1944 und April 1945 auf dem Kasernenareal befand und somit auch teilweise in jenen Gebäuden, die den Rekruten als Unterkunft dienen. Die Vermittlungsrundgänge beinhalten sowohl einen Besuch der KZ-Gedenkstätte Melk im ehemaligen Krematoriumsgebäude, als auch einen Rundgang am ehemaligen KZ-Areal.
Fast 5.000 starben in Melk
Eingerichtet von der Waffen-SS als Mauthausen-Außenlager für die unterirdische Wälzlagerproduktion der Steyr-Daimler-Puch AG unter dem Wachberg bei Roggendorf, wurden binnen eines Jahres rund 14.400 KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter im Stollenbau eingesetzt, fast 5.000 von ihnen starben an Krankheiten, die aus der systematischen Unterversorgung durch die SS-Lagerleitung mit Nahrungsmitteln, Bekleidung und medizinischer Versorgung resultierte, zahlreiche KZ-Häftlinge wurden auch gezielt ermordet. Ihnen ist in der KZ-Gedenkstätte die "Wand der Namen" gewidmet.
Diskussion über Handlungsräume und Aktualitätsbezüge
Im Rahmen der Vermittlungsarbeit wird – anknüpfend an die für Grundwehrdiener obligatorische staats- und wehrpolitische Bildung des Bundesheeres – in Workshopformaten und Rundgängen auch auf die direkte Beteiligung und Rolle der Deutschen Wehrmacht an der KZ-Bewachung – im Falle des Außenlagers Melk handelte es sich auch um Luftwaffensoldaten – Bezug genommen. Anhand biografischer Beispiele von Opfern, Tätern und Bystandern wird so die Frage möglicher Handlungsräume diskutiert und es werden aktuelle Bezüge hergestellt.
Diese Kooperation ist in Österreich bislang einzigartig und könnte durchaus als Vorzeigebeispiel für die zeithistorische Vermittlungsarbeit mit Wehrpflichtigen des österreichischen Bundesheeres dienen. Die Vermittlungsarbeit findet mit Unterstützung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und dem Mauthausen Komitee Österreich sowie dem Land Niederösterreich statt.