Herbergssuche - Kunst von Tür zu Tür: Alle Kunstwerke im Überblick

MarandJosef 2020 - die Kunstwerke

Sieben Kunstwerke von ebenso vielen Künstler*innen (alle Biografien finden sich hier) sind im Rahmen von "MarandJosef 2020" in der Melker Altstadt im öffentlichen Raum entstanden und bis 7. Jänner 2021 zu besichtigen. Sie alle widmen sich auf künstlerisch-kreative Weise den Themen Flucht und Herbergssuche und finden dafür doch ganz unterschiedliche Zugänge und Herangehensweisen. Sämtliche Kunstwerke samt Überblickskarte mit den Standorten finden Sie auch hier als Folder-Download!

Hier die sieben Kunstwerke im Detail (Fotos: Daniela Matejschek):

KünstlerinnenKollektiv "annagrit": Ist alles besser als nichts?

Wird gegessen, was auf den Tisch kommt? Muss ich nehmen, was ich kriege? Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?
Serviert auf Tellern als ›Gebrauchs(-)gut‹ unseres Lebens erproben wir partizi pativ in offenen und spielerischen Suchbewegungen Antworten auf die Frage ›Ist alles besser als nichts?‹.
Die akkumulative Installation lädt humorvoll ein zur Auseinandersetzung mit aktuellen und generellen, politischen, gesellschaftsrelevanten, aber auch persönlichen und privaten Befunden, Positionen und Einstellungen zur Verhältnismäßigkeit von HABEN und TEILEN.
Auf welchem ›Teller‹ bieten wir im übertragenen Sinne etwa Solidarität, Unterstützung und Zugewandtheit an? Ist es ein Gabenteller? Ist es ein Präsentierteller? Welche Bedingungen knüpfen wir so an Teilhabe im Großen und im Kleinen? Wie laut klappern wir dabei mit unserem Geschirr? Es ist angerichtet.

Station: Wachauerhof - Wiener Straße 32

Linda Zahra: This is asylum!

›It is the sense of defeat, weakness and helplessness. It is the sense that you do not have a homeland! This is asylum! It is the hardest experience that can ever happen to people!‹, schreibt Linda Zahra (*1973). Die syrische Künstlerin hat für HERBERGS SUCHE zwei Fotoarbeiten zur Verfügung gestellt.

Diese Arbeit ist eine von vier fotografischen Bildcollagen, die derzeit auch in der Landesgalerie NÖ in Krems zu sehen sind. Darin beschäftigt sie sich mit Erinnerungen an ihre Heimat und ihre Familie, mit Flucht und dadurch ausgelöste traumatische Erfahrungen. Hier zeigt sich die Künstlerin in einem Selbstporträt mit banda giertem Kopf, der darauf angebrachte Stempel trägt das Datum, an dem die Künstlerin Syrien verlassen hat (7. Juni 2012), über dem Bild liegt die Struktur ihres Fingerabdrucks.

Station: Zöchling-Hof – Sterngasse 19

Dieses Foto stammt aus einer Serie, die sie 2015 am Wiener Hauptbahnhof aufgenommen hat. Darin dokumentiert sie das Spannungsfeld zwischen westlichem Alltagsambiente am neuen Wiener Verkehrsknotenpunkt und den eben ankommenden Schutzbedürf tigen und Herbergs suchenden. Am Bahnhof zumindest für einen Moment gestrandet, in der Ungewissheit, wie es weiter geht. Ein Spannungsfeld, das in der Adventzeit, eine der frequentiertesten Einkaufszeiten des Jahres, eine besondere Wirkung erzielt.

Station: Haus Rathausplatz 1

Rob Perez: open doors - open hearts

Dass Menschen aufgrund von Krieg oder Verfolgung ihre Heimat verlassen müssen, tritt in Zeiten von Corona und Klimawandel in den Hintergrund. Wenngleich gerade auch der Klimawandel immer größere Fluchtbewegungen auslöst.
Frauen mit Kindern, unbegleitete Minderjährige, Männer, ganze Familien versuchen zu überleben. Ein Zurück gibt es nicht. Nur mehr ein Vorwärts. Auf einer Reise ins Ungewisse riskieren und verlieren viele ihr Leben.
Es handelt sich nicht um eine Masse, vielmehr um einzelne Schicksale. Um Menschen, die Geschichten in sich tragen. Die Träume und Wünsche für eine bessere Zukunft haben. Für sich und ihre Kinder.
Die verschiedenen Charaktere auf dem Bild repräsentieren die Vielfältigkeit der Menschen. Auch wenn wir unterschiedlicher Herkunft sind, können wir gemeinsam leben. Durch das Öffnen der Tore und unserer Herzen können wir verstehen und beginnen diesen Menschen zuzuhören. Jeder hat das Recht auf einen sicheren Platz auf dieser Erde.

Station: Landschaftsapotheke – Rathausplatz 10

Daniel Sommergruber: Reisegepäck des Lebens

Ein Koffer – Gegenstand des Reisealltags. Er ist ein Sinnbild des Wunsches, irgendwo anzukommen, aber genauso Sinnbild für Migration und Vertreibung, wie andererseits für Reiselust und Neugierde, Unbekanntes zu entdecken. Ist für die einen der Kofferinhalt die einzige existenzielle Grundlage, so sammeln sich in einem anderen Luxus und Überfluss. Mobilität und Entwurzelung liegen nah bei einander im Reisegepäck des Lebens. Zwänge und Träume, Müdigkeit und Elan, Rastlosigkeit und Rast sind Elemente der Beweglichkeit. Manchmal mag ein Koffer selbst als einziger Zufluchtsort scheinen. Und erst wenn wir aus diesem heraussteigen können, ist ein Ankommen denkbar.

Station: Stadtpfarrkirche Melk

Ragna Sichelschmidt: Herbergssuche = Lebensraum gesucht!

Möge die Advent- und Weihnachtszeit – gerade jetzt – Mitmenschlichkeit in den Mittelpunkt stellen und unser größtes Geschenk sein. Übersehen wir dabei aber nicht die Welt unserer tierischen Erd bewohner mit einem Artensterben in irrem Tempo. Alle 20 Minuten geht eine Spezies verloren! Zubetonierte Flächen, Klimakrise, pestizidverseuchte Landstriche, Monokulturen, abgeholzte Wälder …
›Fällt eine Art aus, kann das das Naturgefüge verändern, sterben zu viele Arten aus, kann das Ökosystem kippen. Das kann auch gefährlich für die Menschen werden‹ (Zitat FALTER, 46/20, S.60)
Als aufmerksamer Gast mit Hund täglich die Natur bestaunend, klopft die Künstlerin stellvertretend an die Tür. Auf ihren 2.5 x 0,5 m langen Fahnen zeigt sie im Foyer Aus löser, Betroffene und einen erschütterten Menschen.

Station: Alte Post - Linzer Straße 5 (MERKwürdig-Büro), Foto: ZHZ Melk

Lachlan LOX Blair: Karyatiden und Atlanten (ab 10.12.)

Karyatide bezeichnet eine altgriechische weibliche Skulptur mit tragender Funktion in der Architektur. Karyatiden ersetzen – wie das männliche Pendant der Atlanten – dabei Säulen oder Pfeiler bei Portalen und tragen Ziergiebel oder andere Dachelemente. Sieben Säulen sind ein wesentliches Gestaltungs- und Bauelement im Eingangsbereich des Landesklinikums Melk. Sie stehen direkt an der Verbindung der historischen Bausubstanz zum Neubau und bilden den östlichen Eingangsbereich. Diese Stützpfeiler werden mit Fotos ›ummantelt‹. LOX zeigt Menschen, die im Krankenhaus arbeiten – ob in der Pflege, im ärztlichen Bereich, in der Küche, im Reinigungsdienst, in der Verwaltung. Gleich woher sie kommen, haben sie hier eine Herberge, geben auch Kranken eine solche. Diese Menschen sind – auch wenn es pathetisch klingt – Säulen unserer Gesellschaft, unseres Alltags; jetzt erst recht.

Station: Osteingang Landesklinikum Melk, Foto:  LOX Blair

Die Standorte der 7 Kunstwerke

 

 

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