Statement des Verein MERKwürdig - Zeithistorisches Zentrum zur politischen Situation in Niederösterreich
Statement zur politischen Situation in Niederösterreich
„Der Nationalsozialismus mit seiner mörderischen Ideologie darf sich niemals wiederholen, nie wieder. (…) Schuldige suchen, Menschen herabwürdigen, Andersdenkende verhöhnen und verspotten, die Grenzen dehnen, das Unsagbare doch sagbar machen, immer ein Stückchen mehr an die niedrigsten Instinkte appellieren, immer noch ein bisschen mehr, sodass es vermeintlich nicht auffällt, was passiert, aber es fällt auf. Und viele Menschen in Österreich, aber nicht nur hier, werden sehr genau hinsehen, wie sich auch Ihre Regierung, diese Landesregierung hier verhält.“
Bundespräsident Alexander van der Bellen bei der Angelobung der NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, 24.03.2023. URL: https://orf.at/stories/3310067/ [zuletzt aufgerufen am 26.03.2023].
Das Regierungsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich erweckt beim Verein MERKwürdig – Zeithistorisches Zentrum Melk große Irritation und Sorge. Wir sind eine Gedenkinitiative am Ort des größten ehemaligen KZ-Außenlagers in Niederösterreich. An diesem Ort wurden zwischen April 1944 und April 1945 etwa 14.400 Häftlinge mit 38 Muttersprachen aus rassistischen Gründen, wegen ihrer Religion oder Weltsicht, politischen Einstellung, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder ihres Lebensstils willkürlich inhaftiert und 4.884 von ihnen durch direkte oder strukturelle Gewalt ermordet.
Wir sind Erinnernde an einem Ort, an dem darüber hinaus in den 1930er Jahren die jüdischen Familien vertrieben und ermordet sowie Menschen mit Behinderung(en) und psychischen Erkrankungen verschleppt und ermordet wurden. Als Gedenkinitiative teilen wir die Sorgen von Überlebenden, von Angehörigen der Opfer wie auch unserer nationalen und internationalen Freund*innen.
Zentrale Aspekte des Arbeitsübereinkommens zwischen ÖVP und FPÖ widersprechen den Zielsetzungen unserer Arbeit.
Wir werden unsere Arbeit wie gewohnt fortsetzen und sehen diese nicht nur im Gedenken an all die diskriminierten, verfolgten, gequälten und ermordeten Menschen in der NS-Zeit, sondern im Herstellen von Gegenwartsbezügen zu aktuellen politischen Ereignissen. Wir bekennen uns zum Antifaschismus und treten antidemokratischen Tendenzen klar entgegen. Darüber hinaus fühlen wir uns dem Mauthausenschwur der ehemaligen KZ-Häftlinge verpflichtet.
Der Verein MERKwürdig – Zeithistorisches Zentrum Melk tritt für Respekt, Toleranz und Solidarität, sowie gegen Rassismus und Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung, Ausgrenzung und Abwertung offensiv und aktiv ein.
Der Vorstand, die Mitarbeiter*innen und Guides
des Verein MERKwürdig – Zeithistorisches Zentrum Melk
Heidemaria Aigelsreiter, Sabine Amon, Josua Camhy, Wolfgang Fehrerberger, Melanie Grubner, Alexander Hauer,
Tobias Hochstöger, Johannes Kammerer, Christina Kandler, Antonia Leitner, Marlies Leitner, Judith Mandlburger,
Christian Rabl, Wolfgang Schweiger, Alois Stöckl, Gunter Wolfsberger